Verlassene Orte – ein Loch im Berg – von der mittelalterlichen Räuberhöhle zum Geilenberg-Programm
Unser guter Freund hat sich ein neues Buch gekauft. Die Bibel der Untertageverlagerungen in der NS-Zeit, den Wichert. Oder in lang: Das „Decknamenverzeichnis deutscher unterirdischer Bauten, Ubootbunker, Ölanlagen, chemischer Anlagen und WIFO-Anlagen des zweiten Weltkrieges“ von Hans Walter Wichert. Beim stöbern in diesem sind wir auf einen kurzen Hinweis gestoßen: Steilwand Egidiberg, Schwandorf/Oberpf. und Geilenberg-Programm. Recht viel mehr stand da nicht. Drei unterirdische Anlagen in direkter Umgebung kannten wir ja schon, aber von etwas in Schwandorf hatten wir noch nichts gehört. Also wurden wir neugierig und gingen auf die Suche. Viel mehr als die paar Brocken war aber leider nicht zu finden.
Vor Ort war erstmal auch nichts zu sehen. Ich bin ein paar mal, als ich in der Nähe war, am entsprechenden Bereich vorbeigefahren und ein paar interessante Ecken waren dabei zu sehen. Aber eben nichts genaues. Steilhang, Sandstein, viel Wald und ein teilweise umgefallener Zaun entlang der Straße. Ums Eck, den Hang hoch, waren ein Stück weit im Wald Betonbauten zu sehen. Also musste da was sein – dachten wir. Wie sich rausstellte gehörten diese allerdings in die Zeit des Kalten Krieges. Es waren Sprengmittelbunker, in denen Material bereit lag um einen russischen Vormarsch durch Straßen- und Brückensprenungen aufzuhalten.
Unser guter Freund hatte dann doch noch den richtigen Riecher und fand den Stollen, der da erwähnt wurde. Leider, oder zum Glück, hatte er mal wieder keine Taschenlampe dabei. So ging es ein paar Tage später nochmal zusammen hin. Dabei waren dann gleich noch ein paar Leute mehr und ein Testwagen. Geparkt, an der Straße entlang, neben der alten Einfahrt in den Hang hinein, durch ein paar dornige Büsche – suchen. Wo war es jetzt wieder? „Ich hab’s!“
Gefunden haben wir dann einen etwa 50 Meter Stollen, der künstlich in den Berg aus Sandstein getrieben worden war – allerdings schon viel früher als der zweite Weltkrieg. Also ging es weiter auf Recherche.
Die Nazis hatten diesen Berg für eine U-Verlagerung für das Geilenberg-Programm ins Auge gefasst. Das Geilenberg-Programm, benannt nach dem verantwortlichen in der NS-Führung Edmund Geilenberg, hatte die Aufgabe die Treibstoffproduktion vor den Luftangriffen der Alliierten zu sichern. Eine schwandorfer Baufirma musste, mit Kriegsgefangenen, den bestehenden Stollen sichern – und er sollte weiter ausgebaut werden. Dazu kam es aber nie. So erklärt sich auch, warum es keine Objektnummer und keinen Tarnnamen für diese Anlage gibt. Einzig ein Wach- und Bürogebäude wurde errichtet, von dem auch heute noch die Grundmauern gut zu erkennen sind.
Interessanter als die kurze Phase der Aufmerksamkeit durch die Nationalsozialisten ist allerdings die restliche Geschichte des Stollens und des Egidibergs. Wann und wozu der Stollen wirklich gegraben wurde, ist nicht bekannt. Wahrscheinlich stammt er aus dem ausgehenden Mittelalter und man hat dort nach Eisenerz gegraben, das den Sandstein durchzieht. Angeblich wurde er von Raubrittern genutzt, die oben auf dem Gutshof auf dem Egidiberg gehaust haben. Angeblich soll es eine Verbindung nach oben geben. Angeblich liegt dort ein Schatz – das Raubgold der Gauner. Oder auch die zwanzig Pfund schwere Goldmonstranz des Frauenklosters, das auch mal angeblich auf dem Berg gestanden ist. Zumindest eine Kirche oder Kapelle ist recht sicher belegt – und diese war dem heiligen St. Egidius geweiht, woher der Berg seinen Namen hat. Ach ja, Bierkeller war der Stollen auch mal.
Zwischen dem Egidiberghof und dem Höhleneingang an der Neukirchener Straße war früher ein unterirdischer Gang, ein alter Fluchtweg. Im Keller vom Egidiberghof war im Boden eine große Tür, durch die man zu diesem Gang gelangen konnte. Er ist heute fast eingefallen, der Eingang ist schon lange vermauert.
Eine Kiste mit blankem Gold soll dort vergraben sein. Schon oft ist nach einem Schatz gesucht worden. Jedes Mal, wenn die Leute bis zur Kiste gekommen waren, ist plötzlich ein großer, schwarzer Hund da gewesen, ist auf die Kiste gesprungen, hat die Zähne gefletscht, geknurrt und dann wütend gebellt. Auf einmal war die Kiste mit dem unheimlichen Hund wieder verschwunden.
Der Schatz soll noch von den Raubrittern stammen, die einmal auf dem Egidiberg gewesen sein sollen. Heute ist der Gang eingebrochen und verschüttet und niemand traut sich mehr zu graben.
Wer sich dafür genauer interssiert, kann das in der Ettmannsdorfer Chronik nachlesen. Von dort stammt auch der obige Auszug.
Heutzutage nutzt das Schwandorfer THW den Stollen manchmal für Übungen. Sonst liegt er im Dornrößchenschlaf und der Höllenhund braucht keine Schatzgräber mehr zu vertreiben…