Verlassene Orte – Obergramling: Ein verlasserner Bauernhof im Rundling

Wenn man vom Klosterstift Tepl zurück Richtung Marienbad fährt und der Straße mit der Nummer 198 folgt, kommt man nach ein paar Kilometern durch den kleinen Ort Obergramling (Horní Kramolín). Das ist ein kleines Dörfchen mit nur sieben oder acht Häusern. Wenn man sich den Ort auf einem Plan oder auf einem Satellitenbild ansieht, fällt einem jedoch die Form auf, in der die ehemaligen Bauernhöfe zueinander angeordnet sind. Diese Form wird Rundling oder Rundplatzdorf genannt und ist eigentlich nicht typisch für das Egerland. Im Tepler Hochland, dem früher zum Stift Tepl gehörende Gebiet, findet man diese Dorfform anscheinend häufiger.

Darüber hinaus gibt es über diesen kleinen Ort leider nicht viel zu sagen. Oder, man findet nicht allzuviel darüber. Doch eines: Johann Wolfgang von Goethe erwähnt den Ort in seinen Tagebüchern. Am 21. August 1821 reiste er vom Kloster Tepl nach Marienbad und dabei kam er durch Obergramling:

Der Gipfel des Bergs Podhora blieb uns links; ein sehr schlimmer Waldweg über den ablaufenden Rücken desselben hielt uns auf; doch wurden wir dadurch belohnt, daß wir unvermuthet Basalt fanden. Wir gelangten also über Ober-Gramling und Aboschin, aus der Region der Töpel und Eger, in die Region der Beraun. Und so haben die beyden Tage, gestern und heut, mehr für die Kenntniß des Landes geleistet als die vergangenen drey Wochen. Die erbeuteten Mineralien werden auch noch numerirt, eingepackt und fortgesendet. Will das gute Glück so fügt sich eine treffliche Fischtafel hinzu.
http://www.zeno.org/Literatur/M/Goethe,+Johann+Wolfgang/Tageb%C3%BCcher/1821/August

Fährt man heute durch Obergramling kommt man direkt an einem verfallenen Bauernhof vorbei – einst war das wohl mal der größte Hof im Dorf. Er hatte die Hausnummer 1 und gehörte, zumindest 1839 der Familie Nadler. Dieser Hof fällt durch seine Länge auf. Erst kommt der Wohnbereich und dann folgen die Ställe. Es ist aber kein Wohnstallhaus, wie es hier in der Oberpfalz und in Böhmen üblich war. Diese waren meist klein und gedrungen. Der „Nagler-Hof“ dagegen ist groß, hoch, lang und sehr verfallen – und die Nachbarn sind aufmerksam, wenn da Fremde durch den Hof kriechen…

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